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Mostar – Sarajevo


Komme von rechts, möchte nach links (und kyrillisch schreiben nur die „nationalistischen Serben“ – so sagt man…)

Dass Sergej Babarez beim FC Hansa kickte, wusste sogar mein erster Lift des heutigen Tages. Nach zwei Stunden bei eisigem Wind erbarmte er sich und nahm mich von Mostar bis nach Jablanica mit, immerhin. Leider sprach er nur ein paar Brocken Deutsch und seinen Namen habe ich auch vergessen. Zumindest kannte er München und Frankfurt, weil er dort jeweils auch eine Zeit lang wohnte, und dazu noch einige Fußballvereine, den Rostocker eben bedingt durch den bosnischen Nationalspieler. Mehr gibt die Unterhaltung nicht her. Ich freue mich einfach im warmen Auto zu sitzen, er mosert während der Fahrt immer wieder über die Arbeitslosigkeit, ich kann dazu nicht viel sagen. Nur bei den steil emporsteigenden Bergen sind wir einer Meinung. Er findet sie „schön“, ich persönlich würde sogar traumhaft sagen, wären sie nicht alle total vermint.

Darüber klärt mich spätestens mein zweiter Lift auf, der mich schon nach kurzer Wartezeit bis zu seiner Heimatstadt Konijc mitnimmt. Bis dahin verkleinert Elmir, so sein Name, meine Wissenslücken über das Land (alles im Land ist dreigeteilt zwischen Bosniaken, Kroaten und Serben – es gibt sogar drei Fußballpräsidenten) und schenkt mir am Ende unserer viel zu kurzen Reise sein (geschichts- und politikwissenschaftliches) Buch über Bosnien und Herzegowina. Dieses ist auf Deutsch und Elmir bekam es auch schon von den deutschen Soldaten geschenkt, für die er noch bis zum März arbeiten wird. Danach zieht das Kontingent endgültig ab und der ehemalige Übersetzer, Dolmetscher und Kontaktmann wird Deutschlehrer.

Denn die werden hier immer mehr gebraucht. Deutschland, so erzählt er mir, gilt als ‚Traumlandʻ nicht nur der bosnischen Jugend, auch er lebte als Kind während des Bürgerkriegs für sechs Jahre in Darmstadt. Vielleicht ist auch deswegen jedes zweite Auto ein 2er Golf, wobei Elmir behauptet, dass man dessen Ersatzteile sogar beim Bäcker bekäme. Zum Abschied werde ich noch zu einem Tee eingeladen, so viel Zeit muss sein.

Armin ist dann mein nächster und letzter Lift für heute. Zuerst scheint er mir etwas suspekt. Nicht nur, dass er einen silbernen Audi A4 Quattro mit einem Kennzeichen aus Iowa (dem US-Bundesstaat!) fährt, nein, die erste Frage die er mir mit breitem amerikanischem Akzent stellt ist, ob ich denn ein Terrorist sei – immerhin kann ich auch diese Frage mit gutem Gewissen verneinen. Es stellt sich schnell heraus, dass Armin kein US-Soldat ist und auch nie einer war. Er ist im Gegenteil ein gebürtiger Bosniake, der bis vor einem Monat in Iowa lebte und arbeitete – die bosnischen Frauen hätten ihn dann wieder in die Heimat zurückgetrieben, erzählt er mir. In seiner Heimatstadt Sarajevo bringt er mich dann bis ins Stadtzentrum (genau an den Ort, wo 1914 Franz Ferdinand erschossen wurde und damit quasi der Erste Weltkrieg ausgelöst wurde) zu meinem Host, mit dem er telefonisch den Treffpunkt abgesprochen hat. Gastfreundlichkeit as it’s best, aber was will man auch anderes erwarten, wenn sich ‚osteuropäische mit islamischen Eigenheiten vermengenʻ…

Anmerkung: Als Bosnier werden heute die Einwohner Bosniens oder die Bürger Bosnien-Herzegowinas bezeichnet. Bosniaken ist, vereinfacht gesagt seit der Zeit Jugoslawiens, die Ethnie der ‚bosnischen Muslimeʻ.

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