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Sarajevo – Tuzla


Abendbrot mit Vedad

Etliche Zentimeter Schnee überall, doch darauf bin ich nicht vorbereitet. So besteht der Tagesablauf darin, sich ein wenig in Sarajevo umzusehen, Tee zu trinken, weiter die Stadt zu erkunden, essen zu gehen und dann wieder raus in das Schneetreiben. Spaß macht das ganze nur bedingt und die Fotos werden alle nur farblos werden.

Aber alles halb so schlimm, es gibt kein falsches Wetter, nur falsche Kleidung – an Handschuhe, Mütze und Schal habe ich immerhin gedacht und Vedad, mein Host, ist auch supernett. Obwohl er auf einem Berg über der Stadt wohnt; oder grade wegen dem fantastischen Blick über die Stadt?

Ein Highlight ist sicherlich auch, dass seine Eltern einen kleinen Bauernhof haben. Es gibt somit ausschließlich selbst gemachtes Essen, angefangen bei Milch, über Eier, Schinken (!) bis hin zu Brot – ein Traum. Zudem ist er begeisterter (Analog-)Fotograf, sodass die Gesprächsthemen natürlich auch schnell feststehen.

Interessant ist ebenfalls, dass er sehr genau darauf achtet, die fünf täglichen Gebete einzuhalten und dazu sogar extra um 6 Uhr aufsteht, um dann wieder ins Bett zu gehen. Auch wenn wir uns zu einem Kaffee mit seinen Freunden treffen – die bosnische Kaffeekultur wird hier sehr intensiv zelebriert – wird immer wieder auf die Uhr geschaut, um dann zu den Gebetszeiten gemeinsam in die Moschee zu gehen. Faszinierend ist es auch zu beobachten, wie schon die kleinen Jungs dort zusammen hingehen, ganz so, als würden sie nur schnell zum Spielen nach draußen gehen.

Apropos draußen – der Zustand ist momentan mehr als winterlich, sodass ich mich heute dazu entschlossen habe, nicht mit dem Daumen/Schild, sondern mit dem Bus von Sarajevo bis ins gut 120km entfernte Tulza zu fahren. Leider wurden fast alle Bahnstrecken während des Krieges zerstört, so dass der Bus das Massenfortbewegungsmittel Nr. 1 ist. Kleine Anekdote am Rande: für jedes Gepäckstück im Rumpf des Busses muss man extra bezahlen, meistens 50 Cent bis einen Euro.

Der Reisebus fährt vier Stunden durch die verschneite Landschaft, hält immer wieder an, um Fahrgäste ein- und aussteigen zu lassen (denn die Wenigsten fahren die volle Strecke bis zur Industriestadt mit), aber wundersamerweise kommen wir danach immer wieder vom Fleck.

In Tuzla angekommen werde ich sofort von Maja und ihrem Bruder mit dem Auto abgeholt, denn beide wohnen mit ihren Eltern in einem Vorort. Am Haus angekommen, werde ich schon lachend von ihrer Mutter empfangen, die stolz ist, ihre vor 30 Jahren gelernten Deutsch-Vokabeln anwenden zu können. Mit dem Vater wird anschließend der Hausschnapps (eine Art Raki aus Pflaumen) probiert und gemeinsam zu Abend gegessen. Spätestens jetzt fühle ich mich angekommen in Bosnien! Živjeli!

Beitrag abgelegt unter: Backpacking Bosnien & Herzegowina Unterwegs