Beim gestrigen Besuch der Bibliothek entdeckte ich noch ein weiteres Highlight Tbilissis – eine verlassene Schwebeseilbahn. Denn für die Stadt war es früher nicht ungewöhnlich, dass man Seilbahnen als normales öffentliches Nahverkehrstransportmittel verwendete. So gab es früher bis zu neun Seilbahnen (Wikipedia schreibt sogar von „ehemals einem Dutzend Linien“) in der georgischen Hauptstadt. Im Jahr 2010 schloss die letzte Bahn, die bis dato den Stadtteil Vake mit dem Touristenziel „Schildkrötensee„, der sich auf einem Berg befindet, verband. Zum Teil wurden die Anlagen abgebaut oder gammeln vor sich hin.
Fantastischerweise gibt es im Internet sogar noch einen interessanten Hintergrundartikel zur Seilbahn:
Die dritte Bahn, sie besteht seit dem 01.01.1983, befindet sich ebenfalls weit außerhalb des Zentrums und verbindet das Unigelände im Stadtteil Delisi mit dem Studentenwohnheim in Bagebi. Heute [Herbst 2001] leben in den Wohnheimen hauptsächlich Flüchtlinge aus Abchasien, die kostenlos befördert werden. Die Stadt soll der Seilbahnverwaltung 2001 für die kostenlose Beförderung ca. 130000 Lari überweisen, bisher sind allerdings lediglich 35000 Lari angekommen – ein Grund dafür, dass viele der 138 Mitarbeiter (!!) im Zwangsurlaub sind (tatsächlich arbeiten derzeit ca. 60 Mitarbeiter, ein Seilbahnfahrer verdient monatlich etwa 65 Lari = 70 DM). Studenten und Professoren bezahlen 15 Tetri für die sehr kurze Fahrt (334 Meter) über ein Tal, welches wie eine riesige Baugrube wirkt. Die Schwebebahn Delisi – Bagebi ist montags bis samstags von 8.30 – 17.30 Uhr im Einsatz, sonntags ruht der Verkehr.
Besonders die Wirkung der „Baugrube“ kann ich so nur unterstreichen. Doch wenig später nach der Veröffentlichung des Artikels dürfte die Bahn geschlossen worden sein, denn nur wenige hundert Meter talabwärts steht mittlerweile eine große Hängebrücke, die aber auch schon ihre besten Tage hinter sich hat. Warum man nicht gleich eine solche errichet hat, erschließt sich mir nicht ganz. Und auch auch das Studentenwohnheim scheint wieder von (zumindest einigen) ursprünglichen Bewohnern genutzt werden, zumindest kamen mir auf besagter Brücke viele junge Leute entgegen.