Wie schon ein paar mal zuvor – falls der Abend zuvor nicht in einem der Tbilisser Tanzetablissements oder irgendeiner WG endete – nutzte ich den freien Sonntag um die Gegenden der georgischen Hauptstadt zu erkunden, die jenseits der üblichen Pfade liegen. In der vergangenen Woche stieß ich mehr oder weniger zufällig auf ein Foto, welches sofort meine Aufmerksamkeit erregte: Ein riesiger Lenin-Kopf vor einer Industrieruine im Vorort Digomi. Dank Internet war auch die exakte Position schnell herausgefunden.
Zu Hause erzähle ich von meinem Vorhaben das Haupt auch selbst zu fotografieren, letztendlich kann ich meinen Mitbewohner Sebastian überzeugen, sich mit mir auf den Weg zu machen. Am Mtkvari entlang geht es per pedes in das gut eine Stunde entfernte Industriegebiet. Dort angekommen, macht zuerst eine Klinik den Eindruck, dass es sich um das gesuchte Gebäude vom Foto handelt. Doch dessen Lage stimmt nicht hundertprozentig mit dem überein, was ich im vornherein herausgesucht hatte. Nach ein paar weiteren Gehminuten stadtauswärts kommen wir dann tatsächlich zum mutmaßlich richtigen Gebäude. Doch auch nach intensiver Suche können wir den riesigen Kopf nicht entdecken.
Entweder hat man den guten Lenin „zerhackt“ und zu Bauschutt verarbeitet, wofür die vielen übrig gebliebenen und verstreuten Baureste sprechen, oder man hat sich ihm angenommen und an einen sicheren, wenn auch weniger authentischen Ort verfrachtet. Schade, da war ich wohl zu spät. Denn ein schöneres Symbolbild des „real existierenden Sozialismus’“ gibt es nun wohl nicht mehr hier in Tbilissi.