Am Ende der Winterschule stand das Highlight – sicherlich nicht nur für mich – der gesamten Zeit in Ostsibirien an: drei Tage Ol’chon, der mit 72 Kilometer Länge größten Insel im Baikal. Dieser Ort ist für die Burjaten, einem indigenen mongolisch-stämmigem Volk, einer von fünf weltweiten Polen der schamanischen Energie.
Im Sommer ist Ol’chon durch eine kurze Fährüberfahrt vom nahe gelegenen Festland zu erreichen. Im Winter dagegen existieren zahlreiche Eisstraßen um und zur von Irkutsk gut 6 Autostunden entfernten Insel.
Den (burjatischen) Traditionen folgend legten wir auf dem Weg dorthin mehrere Zwischenstopps ein: Das erste Mal beim Betreten des Gebiets und ein zweites Mal, bevor wir uns auf dem gut 1,5 Meter dicken Eis des zugefrorenen Sees fortbewegten. Dabei sollten die Götter mit dem Konsum von Wodka und Zakuska, ein zum Trinken gereichter Imbiss wie saure Gurken oder Speckstückchen, wohl gesinnt werden.
Die Fahrt zog sich bis zum Erreichen des Sees durch schier endlos wirkende, jeweils abwechselnde, Wald- und Wiesengebiete. Nach diesen eher weniger ereignisreichen Stunden wurde dann ein jeder auf den letzten Kilometern von spektakulären Eislandschaften unter und neben den allradbetriebenen Minivans belohnt. Vor allem der karge, komplett baumlose Süden des nur mit etwa 1500 Menschen bevölkerten Eilands ist insbesondere im Winter eine Augenweide.
Man fühlt sich in wesentlich weiter nördlich befindliche Gefilde oder gar nach Island versetzt. Doch Ol’chon befindet sich nahezu auf demselben Breitengrad wie Hamburg. Gegen diesen südlichen Landstrich, so meine ich, ist der sich in ummittelbarer Nähe zur zentral gelegenen „Inselhauptstadt“ Chuschir, befindliche weltbekannte Schamanenfelsen – dem Symbol des Baikalsees – vergleichsweise unspektakulär, wenn auch fotogen.