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Wladiwostok

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Die Stadt am Goldenen Horn empfängt mich mit tiefhängendem Nebel. Wladiwostoks Flughafen liegt weit außerhalb der Stadt, nur ein paar Mal am Tag gibt es Anschluss an das Stadtzentrum mit einen Vorortzug. Allerdings hält dieser für reisegeplagte Fahrgäste ein „Businessabteil“ bereit, welches allein für die Flugreisenden vorgesehen ist. Das hat den Vorteil, dass man am Morgen nicht vom Pendlergewusel gestört wird, obendrein darf man in breiten und tiefen Ledersesseln Platz nehmen.

Aufgrund meines Nachtfluges kommt mir das alles sehr entgegen, ehe ich mich versehe versinke ich in einen Schlaf, der erst jäh mit der Ankunft am Wladiwostoker Hauptbahnhof beendet wird. Doch meine Aufregung ob des Erreichens des Ausgangspunktes meiner Reise hält sich in Grenzen, eigentlich würde ich nur allzu gerne meinen Schlaf in einem bequemen Bett fortsetzen.

Doch nichts da, Maksim, mein Couchsurfing-Host, und sein Kumpel Germann (da es im Russischen kein „H“ gibt, musste der ur-deutsche Name entsprechend angepasst werden), stehen schon bereit, um mir sogleich die Stadt zu zeigen. Gegen soviel Tatendrang ist nicht anzukommen, ich werfe mein Gepäck in Maksims Jeep, schnappe meine Kamera und los geht’s: Strandpromenade, Festungsanlage und Mittagessen im Hafenrestaurant.

Anschließend fahren wir auf ein Wladiwostok vorgelagertes Eiland, die schlicht Russische Insel heißt. Seit Sommer 2012 ist diese bequem über eine riesige Schrägseilbrücke zu erreichen (die weltweit größte ihrer Art). Bis dato beherbergt die Insel vor allem die Fernöstliche Föderale Universität auf einem riesigen modernen Campus. Was die Insel allerdings so interessant macht ist ihre Vergangenheit: Bis 1997 war die gesamte Insel militärisches Sperrgebiet, denn die Küstengegend ist von alten Bunker- und Festungsanlagen gesäumt, die dort seit 1895 errichtet wurden. Die alten Gemäuer sind mittlerweile stark überwuchert, zum Einsatz kamen sie nie. „Kein einziger Schuss fiel von hier, da ein Angriff an dieser Stelle für die Japaner schlicht zu verlustreich gewesen wäre“, erzählt Maksim.

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Heute sind die Festungen beliebtes Ausflugsziel, die mit dem Montainbike oder wie in Maksims Fall mit einem geländegängigen Gefährt am besten zu erreichen sind. Auf einer Anhöhe machen wir länger Rast, Germann präpariert fachmännisch seine Shisha-Pfeife, während ich mir die Umgehung anschaue. Nach wie vor verhindert der Nebel ein weiten Blick – doch Besserung ist in Sicht.

So können wir auf der Rückfahrt bei Sonnenschein Halt in einer Bucht machen: Zwar ist diese gesäumt von „Baden verboten“-Schildern, doch der erholungssuchende Russe lässt sich von derlei Hinweisen sein Wochenende am Meer nicht verderben. Zum Standartequipment gehört natürlich auch ein Schaschlikgrill. Ungeschriebene Regel: Je größer das Auto, desto größer der Grill.

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Am nächsten Tag gehören wir dann selbst zu den Grillenden. Wir leihen uns allerdings in der Datschensiedlung vom Nachbarn einen stattlichen Rost aus. In dem kleinen Pazifikörtchen, eine gute halbe Stunde von Wladiwostok entfernt, verbringen wir den Sonntag bei Bierchen, Gitarrenmusik und reichlich Fleisch. Für einen Badeausflug am nahen Sandstrand ist es zwar zu frisch, doch immerhin bestätigt sich der Name des größten Gewässers der Erde: Stiller Ozean. Selbst für die kälteerprobten Russen ist das Nass zu kalt, die Sonne wird wie am Tag zuvor von Nabelschwaden verdeckt.

„Für diese Jahreszeit ist das Wetter typisch“, meint Maksim lakonisch, als ich mich am Abend über die Bedingungen spaßeshalber beschwere, für die er natürlich am allerwenigsten kann. Meine Hoffnungen auf einen blauen Himmel, wenigstens für meine Sightseeingtour am dritten und letzten Tag, verschwinden bereits am Morgen beim Blick aus dem Fenster: das Nachbarhochhaus ist im Dunst kaum auszumachen. Dem Wladiwostoker Schietwetter ist nicht zu entkommen, die Spitzen der Solotoi-Brücke, die das Goldene Horn überquert, verschwinden schon kurz über der Fahrbahn im Dunst. Ein Glück, dass ich am Samstag bereits ein paar Aufnahmen von einem der zahlreichen Hügel machen konnte auf dem die Stadt liegt, um so deren außergewöhnliche Lage nicht nur zeigen zu können, sondern auch für mich selbst erfassbar zu machen.

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