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Die „Sowjet-Cola“ und ihre deutsche Kopie

Bajkal-Limonade
Wie zu Sowjetzeiten der selbe Name für die US-amerikanische Cola-Konkurrenz: „Bajkal“, benannt nach dem volumengrößten und tiefsten Süßwassersee der Erde

Es war letzen Sommer bei einem Besuch in der Schweiz, als mir mein Gastgeber – offen für exotische Brauselimonaden – eine Flasche „Wostok“ anbot. Das Getränk war aus Deutschland importiert, wo mir das Getränk mit seinem „irgendwie osteuropäisch“ aussehendem Design und dem dazu passenden Namen allerdings noch nicht aufgefallen war (Das könnte eventuell auch an München liegen, wo sich beispielsweise Club Mate gefühlt erst Lichtjahre später auch im Supermarkt um die Ecke erstehen ließ, obwohl es bekanntlich in Bayern abgefüllt wird). Bei dem Brause-Namen konnte ich nicht nein sagen und probierte. Zugegebenermaßen war ich vom etwas andersartigen Geschmack (Stichwort: Wald) positiv überrascht.

Mehr oder wenig zufällig bin ich vor Kurzem zufällig auf einen älteren Artikel der taz gestoßen, der mir die bis dahin unbekannte Entstehungsgeschichte näher brachte und mich zugleich neugierig machte. Die Kurzfassung geht so: Ein niederländischer Fotograf mochte das Getränk bei seinem Aufenthalt im Moskau der Umbruchszeit Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre. Vor einigen Jahren erinnerte er sich daran und brachte das Getränk, das er leicht anpassen musste, in Deutschland heraus.

Praktischerweise vor Ort, wollte ich nun natürlich wissen, ob es die Originalbrause noch in Russland zu kaufen gibt. Nach einer kurzen Recherche, erst im Supermarkt, dann im Internet, fand ich heraus, dass die Limonade tatsächlich nach wie vor hergestellt wird. Damals wie heute wird diese unter dem Namen „Bajkal“ vertrieben. Der jetzige Hersteller AquaLife bewirbt das Getränk mit dem „wunderbaren Geschmack der Kindheit!“

Bajkal wurde in den 1970er Jahren (der Hersteller der deutschen Variante behauptet es wäre 1973 gewesen, der Originalproduzent schreibt 1976) vom Sowjetischen Getränkeinstitut kreiert und besteht hauptsächlich aus Eleutherococcus, schwarzem Tee, Kardamom, Eukalyptus und Zitrone. Die bräunlich-gelbe Limonade wurde gezielt als Alternative zu Pepsi für die Olympischen Sommerspiele in 1980 in Moskau entwickelt. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Pepsi deutlich vor Coca Cola in der Sowjetunion vertrieben wurde, erstere wurde seit 1974 unter Lizenz in Noworossijsk in Südrussland abgefüllt. Doch schon ab 1959 war die Brause vereinzelt zu bekommen, wie die Bilder des Pepsi-trinkenden Nikita Chruschtschow zeigen. Coca Cola schaffte es erst in den 1980ern sich im größten Land der Erde zu etablieren.

Erstaunlich ist, dass die „Sowjet-Cola“ heute eher ein hochpreisiges Produkt und deutlich teurer als Pepsi- oder Coca-Cola ist – die Einliter-Glasflasche kostet stolze 79 Rubel (momentan etwa 1,25 Euro). Allerdings gibt es eine billige Alternative: Der Abakaner Brausehersteller AJAN verkauft seine Zuckerbrause unter dem Namen „Tepsej“ für 26 Rubel in der Einliter-Plastikflasche. Vermutlich weniger aus markenrechtlichen, denn aus lokalpatriotischen Gründen wählte man den Namen. Denn der Tepsej ist ein heiliger Berg ganz in der Nähe Abakans, der sich an der Mündung der Tuba in den Jenissei emporhebt. An seinen Felsvorsprüngen wurden hunderte alte Gesteinsmalereien und Inschriften entdeckt.

Tepsej-Limonade
„Bajkal“-Kopie „Tepsej“, preiswert aber nicht so lecker wie das Original

Beitrag abgelegt unter: Kulinarisches Russland