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Der tschechisch-slowakische „Peitschen-Montag“

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Symbolbild – Foto: Pavel Pĕtroš (CC BY 2.0)

Erst eine lange Reise quer durch die Slowakei und die eher zufällige Auswahl des Übernachtungsortes veranschaulichten uns eine tschechisch-slowakische Tradition. Es ist Ostermontag. Nach einer verhältnismäßig kurzen Anreise mit dem Schnellzug nach Považská Bystrica entscheiden wir uns noch kurz für ein Bier in der Bahnhofskneipe. Die Örtlichkeit bezeichnet sich zwar als Restaurant, jedoch sind als einzig feste Nahrung nur Salzstangen und Chips zu erstehen.

Hierher, wo das Bier nur 80 Cent kostet und bereits mittags der erste Gast seinen schweren Kopf auf dem Tisch ausruht, verirrt sich naturgemäß eher weniger weibliche Kundschaft. In einer Ecke nippen Durchreisende an ihrem Bier, zwei Tische weiter verbarrikadiert sich eine Gruppe Männer hinter noch vollen Schnaps- und Biergläsern und neben der großen Eingangstür des verrauchten Etablissements hocken zwei ältere Hiesige vor klimpernden Spielautomaten.

Das Gerät verlangt nach Barem, der Ältere der beiden nach Flüssigem: Der Jüngere – und deutlich angetrunkenere – tauscht beim Wirt seinen 50-Euro-Schein in kleinere Noten und Klaren um. Auf dem Rückweg zum Automaten verkippt er einen Teil seines Einkaufes. Man stößt an, trinkt auf das Leben und das Spiel geht weiter.

Zeitgleich kommt der Augenblick, auf den ein weiterer Gast vermutlich bereits seit dem Morgen gewartet hatte. Eine Frau betritt das „Restaurant“. Sie bestellt Kofola, die lokale Cola-Variante. Der Wartende springt überraschend agil von seinem Platz auf, greift in seine Gesäßtasche und holt eine aus Weidenzweigen geflochtene Rute geschmückt mit einem roten Band hervor. Unter Gejohle der anderen Männer versohlt er damit – mehr oder weniger symbolisch – die Frau. Allerdings lassen sich am „Peitschen-Montag“, wie der Tag pas­sen­der­wei­se genannt wird, alle Frauen freiwillig auf diese Tradition ein. Gemäß dem Brauch sollen die Schläge Gesundheit, Schönheit und natürlich ewige Jugend verleihen. Zumindest theoretisch erhalten die „Schläger“ bemalte Eier, kleinere Geldbeträge. Oder die Frauen revanchieren sich am kommenden Tag, in dem sie die Männer mit kaltem Wasser übergießen.

Deshalb trinkt die Frau auch in Ruhe ihren Glaskrug aus, bezahlt und geht. Im Lokal kehrt der Alltag so schnell wieder zurück, wie er unterbrochen wurde. Die anderen Gäste bestellen den nächsten halben Liter, wir verlassen die Szenerie.

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