Denkmal Katharina II. unweit der berühmten Potemkinschen Treppe
Das nächste Ziel nach Comrat war Odessa – und der Weg mal wieder ohne jegliche Planung. Aber wie eigentlich immer kommt man ja trotzdem an und der direkte weg ist meistens der langweiligste. Deswegen und weil der einzige direkte Bus mitten in der Nacht – sprich irgendwann nach fünf Uhr früh – losfahren sollte, entschied ich mich zu stückeln und einfach die Transportmittel zu nehmen die sich anboten.
Die ukrainische Grenze war nicht allzu weit entfernt, ein eingezeichneter Grenzübergang auf meiner mitgeführten Europakarte (Maßstab 1:1 500 000) gab mir zusätzliches Vertrauen für mein Vorhaben: Marschrutka nach Basarabeasca, von dort irgendwie über die Grenze und dann nach Odessa trampen – also doch sowas wie ein Plan.
Soweit die Theorie, die natürlich nur seltenst mit der Praxis überein stimmt. Bereits in Basarabeasca angekommen merkte ich, dass der Ort dann doch nicht so nah an der Grenze lag wie auf besagter Karte eingezeichnet (wie auch bei dem Maßstab). Nach einigem Durchfragen landete ich dann doch in einer weiteren Marschrutka, die zwar schon äußerst überfüllt war, doch immerhin bestätigten mir die Fahrgäste einstimmig auf dem richtigen Weg zu sein. An der Grenze stiegen dann allerdings nur einige Babuschkas aus – die nach wie vor übervolle Marschrutka verabschiedete sich in einer Staubwolke in Richtung einer Plattensiedlung.
Ich war bereits kleine Grenzübergänge gewöhnt, doch dieser sah nicht nur äußerst spartanisch aus, er schien auch nahezu verlassen. Ich näherte mich, den Pass schon griffbereit in der Hand, der kleinen Zollbaracke. Da auch ein Auto heranfuhr musste immerhin nicht mit Rufen auf mich aufmerksam machen.
Die freundlichen Grenzbeamtinnen, die so aussahen als störte man sie beim Kaffeeplausch, waren froh mit mir nicht auf English sprechen zu müssen, nachdem ich erklärte auch ein wenig Russisch zu verstehen. Hilfsbereiterweise empfahlen sie mir doch auf den Bus zu warten, der in „nur wenigen Stunden“ hier vorbeikommen werde und direkt nach Odessa fährt. Das war natürlich nicht das was ich wollte. Aber laufend wollten sie mich nicht nach drüben, in die Ukraine, gehen lassen. Ich bat sie trotzdem mich doch einfach hinüber gehen zulassen, der Bus müsste ja im Fall aller Fälle eh an mir vorbeikommen. Und dieses Argument überzeugte sie schließlich doch mir nicht nur den Ausreisestempel in den Pass zu drücken, sondern mich auch gehen zu lassen.
Man öffnete mir den Schlagbaum und spazierte auf dem Feldweg weiter nach Osten. Die Behandlung an der ukrainischen Grenze ging dann deutlich schneller, man schien auch nicht so verwundert ob meines fehlenden Verkehrsmittels. Wandernd, Autos kamen nicht mehr an mir vorbei, begab ich mich in das erste Dorf auf ukrainischer Seite. Nach einer Straßenkreuzung wurden die vorbeifahrenden Autos deutlich mehr – eins rund alle 10 Minuten.
Irgendwann hielt dann neben mir ein kleiner Golf mit zwei jungen Leuten auf den Vordersitzen, Bruder und Schwester. Sie freuten sich mir etwas helfen zu können und brachten mich in die nächste kleine Stadt, gut 20 Kilometern entfernt. Dort setzte mich der Bruder am Busbahnhof ab, damit ich von dort mit dem Bus weiter nach Odessa fahren konnte. Die erste Verbindung verpasste ich noch knapp, gut 30 Minuten später war dann die Fahrt in einem fast leeren Bus gebongt.
In Odessa wartete dann bereits das junge Couchsurfer-Päarchen auf mich, wobei ich den großen Fehler machte vor der Ankunft noch etwas zu Essen. Denn kaum hatte ich meinen Rucksack in der modernen Neubauwohnung abgesetzt, wurde auch schon das Abendessen kredenzt: Borschtsch, Hähnchenschenkel mit Reis und Eis zum Nachtisch. Ein perfekter Stadt also in einer wunderschönen Stadt, wie sich spätestens am nächsten Tag herausstellte…