Die Plakate zur Spielankündigung hingen in der ganzen Stadt, die wenigen Informationen mit lateinischen Buchstaben reichten aus um das Wichtigste zu wissen: Freitag, 2. September, EM-Qualifikationsspiel Georgien gegen Lettland. Für Georgien bestand noch die theoretische Chance im Rennen um die ersten beiden Plätze zu bleiben, das Spiel war also durchaus brisant.
Wie so oft war das Taxi das Verkehrsmittel der Wahl. Kein Wunder bei den niedrigen Taxipreisen, eine Fahrt quer durch die Stadt kostet rund 5 Lari, sodass wir auch jeden Morgen ob unserer Faulheit mit dem Taxi zur Uni fuhren.
Zurück zum Spiel. Je näher wir dem Stadion von Lokomotive kamen, das nach dem „georgischen Fritz Walter“ Micheil Meschi benannt ist, desto mehr georgische Fahnen, Schals und weiß-rot bemalte Gesichter waren auf und an der Straße zu sehen. Unsere Befürchtungen, dass das Spiel bereits ausverkauft sein könnte, erwies sich als falsch, Karten gab es noch genügend, auch in der günstigsten Preisklasse von 10 Lari – ein Sitzplatz auf der Haupttribüne hätte das doppelte gekostet.
Um das Station herum gab es viel Trubel, Polizisten versuchten den Verkehr der angrenzenden vierspurigen Straße zu regeln und etliche Babuschkas bemühten sich ihre Sonnenblumenkerne oder kleine Georgien-Fähnchen an den Mann oder die Frau zu bringen. Die Stimmung war sehr locker, die Georgier ließen sich auch nicht vom leicht provokanten Auftreten einiger lettischen Fans aus der Ruhe bringen. Es herrschte eine sehr angenehme Stimmung für ein Spiel einer Nationalmannschaft.
Kurz vor Anpfiff war dann das Gedränge an den wenigen Eingängen am Größten, wir waren natürlich mittendrin. Das führte vielleicht auch dazu, dass die einzige Amtshandlung der Secruities war, die Karte einzureißen. Großartige anderweitige Kontrollen gab es nicht, die Georgier sind hald friedlich. Die Qualität der „stillen Örtlichkeiten“ war durchaus auf 2. Bundesliganiveau, da hat man schon durchaus schlimmeres gesehen. Auch die Verpflegung mit (Voll!-)Bier schien von außen in Ordnung zu sein, preislich kann leider keine Aussage gemacht werden.
Im Innenraum angekommen wurden wir einerseits von den gepanzerten Polizisten überrascht, die wie auf einer Perlenkette aufgereiht einmal um die Spielfeldabgrenzung herumstanden, und andererseits ob unserer Sitzplätze, die gut 10 Meter von der Eckfahne entfernt sind. Mit dem wenig später erfolgten Anpfiff packten die zum größtenteils sehr jungen Polizisten die Schilder zu Seite und setzten sich in die Sitzschalen, um das Spiel schauen zu können. Zwei von einander entfernte Gruppen versuchten gleich von Anfang an Alarm im Stadion zu machen, dass durchaus in den ersten Minuten gelang, als „Sakartvelo“-Rufe durch das schmucke Stadion hallten (Sarkatvelo = Georgien auf georgisch).
Die Mannschaft machte daraufhin auch gut Druck, schaffte es aber über zwei Aluminiumtreffer nicht hinaus. Je weiter die Zeit zur Pause fortschritt, desto mehr flachte das Spiel ab. Mit dem Halbzeitpfiff strömte ein Großteil der Fans in Richtung der Ausgänge, die Polizisten standen wieder auf, um den Platz abermals abzuschotten – die Sinnhaftigkeit dieser Aktion blieb uns verborgen. Vermutlich waren sie aber nur im Stadion, um das Spiel zu schauen. Probleme waren anscheinend überhaupt keine zu erwarten.
Die zweite Halbzeit plätscherte dann auch dahin, die Georgier machten weiterhin etwas Druck, hatten dann aber das große Pech einen Fliegenfänger im Tor zu haben, der einen direkten Freistoß der lettischen Gäste sich selbst ins Netz setzte. Nach diesem Schock versuchten die Fans noch einmal ihr Team nach vorne zu rufen, alles half aber nix, die Georgier sollten und konnten das Tor nicht mehr treffen.
Gleich nach dem Abpfiff strömten die Massen aus dem Stadion, in die Straßen und in die Taxis. Man gab sich der Niederlage hin, das Leben geht ja weiter.